Nachdem ich ja länger durch Deutschland gefahren war, als eigentlich angedacht war, fuhr ich vor zwei Wochen endlich ins Ausland. Mein erstes Ziel in Polen war die kleine Stadt Liegnitz, die in Schlesien liegt. Auf dem Weg dahin merkte man zunächst mal drei deutliche Unterschiede zu Deutschland. Die Dörfer reihen sich in der Gegend nicht aneinander und man ist nicht nach dem Ortsausgang gleich wieder im nächsten Ort. Weiterhin bemerkt man die Ankunft in Polen durch eine dramatische Verschlechterung des Straßenzustands. Da freut man sich, wenn die Schlaglöcher nur klein sind und das Auto noch nicht ganz hineinpaßt. Der dritte Unterschied ist, daß die miesen Straßen die Polen nicht davon abhalten wie die gesengten Säue durch die Gegend zu rasen, Überholen an den unmöglichsten Stellen inklusive. Klar, ich werde auch in Deutschland dauernd überholt, weil ich mit dem Bus nicht wirklich schnell beschleunige und auch nicht immer (zumindest in Deutschland) das Geschwindigkeitslimit erreichen kann, bevor schon wieder der nächste Ort da ist. Aber innerhalb einer Stadt vorbeizuziehen, weil ich die vorgeschriebenen 50 auch einhalte? Dazu ein Pff und auch noch ein Tss. OK, gegen Ende der Polentour fuhr ich eher 55 km/h, aber das half immer noch nicht gegen das Überholen…
Aber genug vom Autofahren, Polen bietet zum Glück mehr als das. Wie gesagt, Liegnitz war das erste Ziel. Vor dem zweiten Weltkrieg war es eine deutsche Stadt, danach war es eine polnische. Wobei ich auf meinem weiteren Weg nach Osten bemerkte, daß es eigentlich vollkommen egal ist, welchem Staat die Städte vor dem Krieg angehörten. Es gab eigentlich in allen Städten, die ich besuchte, vor der Nationalisierung sowohl große Gruppen von Deutschen als auch von Polen. Da war multikulti einfach geschichtlich gewachsen. Die Gruppen schienen auch eigentlich ganz gut miteinander auszukommen und konnten sich offensichtlich ganz gut damit abfinden, daß es eben zwei verschiedene gesprochene Sprachen gab. Aber ich müßte zu dem Thema noch mehr lesen, wie friedlich das war, aber es klang recht harmonisch.
Das zeigte sich auch ziemlich deutlich daran, daß sich die Städte vom groben Aussehen und Aufbau nicht zu deutlich unterschieden. Eine bemerkenswerte Eigenschaft der Städte ist die reichhaltige Anzahl an Parks und deren Größe und Lage. Die Anlagen befinden sich sehr nah am Stadtzentrum und sind gewaltig. Wie in Frankfurt (Oder) wurden sie gerne mal auf den alten Verteidigungsanlagen angelegt, was ich immer noch als die beste Lösung nach der Erhaltung der Mauern finde. Gleichzeitig sind die Parks sehr gut gepflegt – auch die Polen mähen gerne Rasen, das scheint ein weltweites Phänomen zu sein. Es macht den Aufenthalt in den Städten angenehmer, weil es zu einem guten Klima führt, meine ich zumindest – es kann daran liegen, daß ich das bei mittlerweile 38°C in der Sonne schreibe.
Warum die unbelehrbaren deutschschlesischen Volksgruppen immer noch so vehement an ihr „Erbe“ in Schlesien erinnern wollen, wurde mir klar, als ich eben durch Schlesien fuhr. Das Land wirkt wie eine riesige Kornkammer, die Städte waren mal prachtvoll und reich. Klar, mit einem Gebäude oder einer riesigen Ackerfläche belohnt zu werden, wenn die Ansprüche dieser Ewiggestrigen erfüllt würden, damit käme man zurecht. 70 Jahre nach Ende des Krieges, nach einem von Deutschland begonnenen Feldzug mit Mord und Vernichtung, nachdem die Polen große östliche Gebiete durch einen Vertrag von Deutschland mit der Sovietunion verloren, muß man einfach einsehen, daß eine „Entschädigung“ keinen Sinn ergibt. Anführungszeichen, weil die, die man als geschädigt ansehen könnte, häufig nicht mehr leben, oder als junge Kinder die Heimat verloren. Die anderen wollen vermutlich einfach nur Asche. Und ja, ich bin sozusagen halber Schlesier und meine Familie hatte Ländereien und Häuser um Liegnitz. Da wohnen jetzt andere drin, seit 70 Jahren! Dazu paßt ein Spruch an einem Haus in Hainburg an der Donau:
„Dieses Haus ist mein
und doch nicht mein.
Der vor mir war
dachte auch es wäre sein,
er zog aus und ich zog ein.
Nach meinem Tod wird es
wieder so sein.“
Damit ist dieses Thema für mich gegessen.
Ich konnte bei meiner Reise durch Polen zudem bemerken, wie freundlich die Polen doch sind. Ich gab ihnen einmal die Gelegenheit mit mir Kontakt aufzunehmen, in dem ich auf einem Campingplatz landete, der nur von Polen besucht wurde und nicht von den üblichen Übernachtern (Holländern; ernsthaft, Holland muß momentan leer sein, so viele wie europaweit unterwegs sind, die sind wirkliche Campingmeister!). Eben auf diesem Platz paßte zum ersten (und nicht zum letzten Mal) mein Stromanschluß nicht. Das liegt daran, daß der Standardanschluß (blau, groß, rund) offensichtlich nur in Westeuropa ein Campingstandard ist. Polen, und die Slowakei haben zudem auch nicht unseren Steckertypen, sondern einen anderen, einen bei dem klar ist wo der Strom reinkommt und wo er rauskommt. Diese Eindeutigkeit half mir aber nicht weiter, weil eben mein Stecker nicht paßte. Der Platzwarthilfswicht nahm es sich aber nicht jeden einzelnen Anschlußkasten zu überprüfen, um herauszufinden, ob es nicht doch noch irgendwo ein Platz für mich wäre. Ich hatte aber kein Glück, aber es war wirklich lieb und ich hätte ihm auch gerne die Mühen erspart, aber er ließ sich nicht stoppen.
Nachdem ich dann gegessen hatte, kamen irgendwann abends meine Nachbarcamper und luden mich mit recht gutem Deutsch zu … Vodka ein. Zu viel Vodka und so plauschten und tranken wir, bis sie sich irgendwann in ihren Combi zum Schlafen zurückzogen, sie hatten schon ordentlich gebechert, bevor sie mich dazuholten. Davor mußte ich mich noch diversen Grilleinladungen erwehren – ich war schon durch mein Abendmahl gesättigt. Ich entschied dabei aber, daß ich bei Einladungen dieser Art meinen Vegetarismus ignorieren werde, das ist einfach netter. Nach einem guten Schlaf fuhren die beiden mittags ab, sie wollten noch irgendwo Auto-Kats einsammeln und die irgendwie wieder verchecken. Das ist wohl gutes Geld drin. (Sie bekamen von mir frischen Darjeeling zum Aufwachen.) Danach kam dann der nächste Nachbar und sprach mich wiederum in gutem Deutsch an, meinte, daß er mich am Vorabend auch gerne zum Grillen eingeladen hätte, aber ich wäre ja schon vergeben gewesen. Er fuhr dann leider ab, so daß ich am Abend kein Grillfleisch mehr abbekam.
Das Gespräch mit Vodka führte dazu, daß ich mir Wielicka anschaute. Dort kann man eine Salzmine durchwandern, die 700 Jahre lang ausgebeutet wurde und jetzt ein Touriding geworden ist. Es wurde mir während des Vodkatrinkens ungefähr 10 Mal sehr eindrücklich klar gemacht, daß ich mir das unbedingt anschauen müsse. Ich tat dies weisungsgemäß und machte auch Photos (s.u.). Während der geführten Tour durfte ich einen wunderbar Cliché-haften Touri erleben. Ich war in der englischsprachigen Gruppe unterwegs, weil ich keine Lust hatte auf die deutschsprachige zu warten. Es war draußen zu warm, drinnen wartete die Kühle des Untergrunds. Zum besseren Zuhören bekamen wir Funkgeräte zugeteilt, die wir auf einen Funkkanal einstellen mußten. Dieser wurde uns genannt und gezeigt. Mit zwei Pfeilen konnte man die Kanäle hoch und runterschalten. Man würde meinen, ein einfaches Unterfangen. Nicht für Mr. Supertouri. Er äußerte stolz und unbeirrt, zur Führerin in lautem amerikanischen Englisch, fordernd, das sie es für ihn einstellen solle: „But I am the tourist and you are the guide!“. Ihre Anwort: „Do you want me to adjust it for all the 37 people in the tour?“ konnte ihn nicht stoppen, denn seine Antwort war „Yes!“. Sie blieb erstaunlich cool dabei und ich wollte vor Fremdschämen im Boden versinken. Zum Glück hielt er danach die Backen.
Von einer weiteren Station meiner Reise kann ich nur Außenphotos zeigen, da mich der Museumswart des „Sender Gleiwitz“ darum bat die Photos aus dem Austellungsraum nicht ins Netz zu stellen, da es die Substanz des Museums wäre. Das kann ich akzeptieren und honorieren, sollten die Photos gesehen werden wollen, müßt ihr schon bei mir persönlich vorstellig werden. Es war irgendwie ein komisches Gefühl in der Station zu stehen mit der Überfall auf Polen vor fast 75 Jahren begründet wurde.
Die weitere Empfehlung des Vodkameisters konnte ich nicht ganz nachvollziehen, Zakopane. Es ist halt ein Wintersportort im Sommer. Die sehen irgendwie alle gleich aus, egal ob man in der Schweiz, in Österreich oder in Polen ist. Aber was tatsächlich schön war, das waren die Berge der Tatra. Ich hatte in einem Reiseführer und auf diversen Hinweisblättern von einem Bergsee gelesen, der total toll und super sein soll. Was ich nicht erahnt hatte, was ich mir aber hätte denken können: man kann nach so einer Bewerbung nicht erwarten, daß das eine beschauliche und ruhige Tour wird, erst recht nicht an einem Samstag. Da waren Menschenmassen unterwegs! Der asphaltierte (!) Weg führte über 10 km zu diesem See hin, Familien mit Kinderwagen tingelten zu diesem See. Der noch nicht mal in irgendeiner Form total toll oder krass war. Es war halt ein Bergsee. 20 km Weg dafür? Mit Kind und Kegel, teilweise mit Flipflops an den Füßen? Polen scheinen sehr wanderbegeistert zu sein. Ich entschied mich darum ein kleinen Umweg zu machen, so daß zu den eigentlichen 20 km, noch 5 km dazu kamen. Was ich nicht bedacht hatte (zumal ich eh die falsche Route gewählt hatte), waren die Höhenmeter. Statt nur von 800 auf 1200m zu laufen, wanderte ich auf 2200m hoch. Ich kann nur sagen, ich bin kein Wanderer und ich war ziemlich am Arsch danach. Lustigerweise kamen mir aber auf dem Weg nach oben – wie zur Verhöhnung – eine Frau mit Krücke und eine Nonne in voller Montur entgegen! Ich muß wiederholen, ich bin wohl kein Wanderer, im Gegensatz zu dieser Frau mit Krückstock… Die Torto(u)r hat sich aber wirklich gelohnt, der Ausblick war herrlich und das Gefühl den inneren Schweinehund überwunden zu haben, das war schon schick. Daran mußte ich mich auch immer wieder erinnern, als ich mich auf dem Rückweg immer wieder darüber verfluchte diese Route gewählt zu haben. Ich mußte dabei an die Worte eines sehr weisen kleinen sechsjährigen denken. Dieser hatte mal auf einer Wanderung mit seiner Familie geäußert: „Ich hasse Steine. Gäbe es keine Steine, gäbe es keine Berge; gäbe es keine Berge, müßte ich nicht wandern.“ Der Abstieg wurde dann aber immerhin durch einen Kletterabschnitt versüßt, bei dem ich bemerken konnte, daß ich wohl keine Höhenangst habe. Die Tatras sind wirklich eine schöne Gelegenheit zum Klettern, Wandern und wohl auch Skifahren. Ich kann es nur empfehlen, wenn man Wandern mag. Mit der Wanderung endete dann auch mein Aufenthalt in Polen und ich fuhr in die Slovakei ein.
Damit entlasse ich wieder in die Galerie; die Slovakei liegt auch bereits hinter mir, ein kürzerer Text folgt sicherlich auch bald.
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Eine gut restaurierte Kirche in Liegnitz, die werden wohl immer zuerst wieder hergerichtet.
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Es gibt auch andere schöne Gebäude!
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Ehrlich!
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Darum nochmal im Detail.
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Man fragt sich, warum heutzutage sowas nicht mehr gebaut wird…
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Ich will auch so ein Portal in mein Domizil.
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Immerhin erkennt man den Versuch das Alte in das Moderne zu integrieren.
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Hier das Original, die 7 Heringsbuden in Liegnitz.
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Auch hier ein moderner Versuch.
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Ein prachtvolles Schloß am Wegesrand bei einem Blick aus dem Hauptgebäude.
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Ok, klein war es nicht wirklich, aber fein.
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Darum noch ein Photo!
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Innenhöfe sind auch eine nette Erfindung.
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Man lese den Text und genieße die Umgangsformen.
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Man lese den Text und hasse die Umgangsformen.
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Oppeln fand ich insgesamt nicht so beeindruckend, aber es auch dort schöne Häuser.
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Darum auch hier noch mal eine Detailaufnahme.
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Erinnert irgendwie an die 7 Heringsbuden.
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Der höchste Holzturm in Europe, der Sender Gleiwitz.
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Da muß ich in Gleiwitz irgendwo falsch abgebogen sein.
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Krakauer Markthallen dominieren den … Marktplatz!
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Innendrin sind sie nicht so beeindruckend, da sind lauter Kitschstände.
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Irgendwie hat es einen gewissen Charme, diese Nachbarschaftlichkeit von alt und neu.
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Dieser Brunnen diente mitten in Kraukau als Schwimmbad für Jung und Alt. Eigentlich ziemlich nett.
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Die polnischen Salzleute hatten offensichtlich viel Zeit an der Hand und schnitzten Figuren aus dem Salz!
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Den Pferden unter Tage ging es wohl sehr gut und sie hatten mehr Pausen als die Minenarbeiter. (Obwohl es denen auch sehr gut ging)
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Dieser Block wiegt wohl ca. eine Tonne und war damals wohl so viel wert wie ein kleines Dorf, laut unserer Führerin.
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Was das wohl gekostet haben muß an nicht realisierten Verkäufen eine Kirche in den Stollen zu schnitzen?
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Der Urheber dieses Salzreliefs wurde danach auf die Kunstakademie geschickt und bekam ein Stipendium von der Minengilde. Er arbeitete danach an weiteren Werken im Bergwerk.
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Das sind Salzstalaktiten, auch Spaghetti genannt.
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Da liegen sie, unschuldig, hübsch.
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Massentourismus? Massenwanderung? Pilgertour? Polen und die Berge.
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Das Pilgerziel. Beeindruckt? War ich auch nicht.
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Schön war die Gegend aber auch abseits des Sees.
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Über dem einen See lag noch ein anderer, der war aber nicht so gut besucht.
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Ich schaffte es bis nach oben!
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Aber nicht ganz noch oben. Ich hatte keine Lust mehr, auch wenn es angeblich nur 15 Minuten Weg waren. Ich bereue es nicht.
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Der Blick war dann doch ein wenig belohnend.
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Es gab auch nette Wasserfälle.