Grimms Welt Reisen, Geschichten und Politik

31. Oktober 2003

Kult

Filed under: Allgemeines — Grimm @ 01:25

Heute nacht wird Kult gemacht.
Ich will heute mal ein wenig Dampf ablassen über das Wort: Kult.

Kult, m. „Verehrung“ (<17. Jh.) entlehnt aus l. cultus „Pflege, Verehrung“, zu l. colere „pflegen, verehren“
(Kluge, 23., erweiterte Auflage)
Im Duden ist dann noch die Bedeutung „übertriebene Verehrung“ zu finden.

Im älteren Sinne scheint mir Kult etwas negatives anzuhaften. Kultisten verehren düstere, nunja, Kulte eben. Satanskult, Heidenkult (damit bringe ich jetzt die Druiden gegen mich auf), Jugendkult, sowas eben. Wer will sich, seine Ansichten, seinen Namen schon als Kult bezeichnet sehen, wenn man diese Bedeutung im Kopf hat? Aber zum Glück sind wir los von dieser Bedeutung, wir haben von den Printmedien, vom Fernsehen und Radio nun mitgeteilt bekommen, was Kult wirklich ist.

Kult ist das Aufblähen von alltäglichen Personen, Gegenständen zu großen Luftballons, die am Höhepunkt losgelassen werden. je nach Material des Ballons (und der Füllung) steigen sie weiter oder fallen sie gleich wieder runter. Das Ergebnis der letzteren ist klar, die glücklichen schweben noch ein wenig höher, bis sie von der Sonne zum Platzen gebracht werden oder von einem vorbeifliegender Vogel gefressen werden. Jeder einzelne Schritt des Steigens, Fallens, gefressen werdens wird per Bild, Kamera, Tonband festgehalten, denn alles kann vermarktet werden.
Und genau das geschieht auch. Menschen, die nichts geleistet haben, um ihren Kult zu verdienen, außer vielleicht mit der richtigen Person zur falschen Zeit gepoppt zu haben, sind in Interviews zu bewundern, in denen sie, kaum der deutschen Sprache mächtig, ihr sehr begrenztes Wissen der Welt zuteil werden lassen. Oh schöne neue Welt.
Aber man muß ehrlich sein. Auch hier gilt das eherne Gesetz, wo ein Markt, da ein Anbieter. Offensichtlich werden solche Objekte der Anbetung benötigt, man sieht sich vielleicht mal selbst auf eben jener Position im Lampenricht (hihi) stehen. Die Anbetung der eigenen Möglichkeit sozusagen, alles ist möglich.

Die Gegenstände, die verkultlicht werden, will ich heute mal auslassen. Da sie meist nicht reden können, mir also keine Seiten der Tageszeitung mit ihrem Müll zuschreiben lassen, bin ich nicht so sauer auf sie.
Ich bin nur ein wenig wütend über die Verschwendung von Ressource, denn Kult ist kurzlebig in der heutigen Zeit (nichts im Vergleich zum guten alten Druidenkult!). Kultgegenstände sind Inselmaterial von morgen.

Natürlich ist dieser Artikel viel zu kurz, um das Thema ausführlich zu diskutieren. Es ging mir aber auch ehrlich gesagt nicht um eine ausgewogene, faire Argumentation. Vielmehr wollte ich einfach was dazu sagen.

4 Comments »

  1. Kult ist das Aufblähen von alltäglichen Personen, Gegenständen zu großen Luftballons…

    Das finde ich bis zur falschheit vereinfacht, zu Eindimensional auch in einem kurzen Artikel.
    Es wird wie ich finde nicht nur „auch“ (kein Zitat) ein Kult um besondere Persönlichkeiten und ihre Leistungen betrieben sondern eigentlich grossteils. Wo der Personenkult zugegebenermassen auch Blüten treibt auf die ich gerne verzichten würde hat es doch viele Personen die einen gewissen Status (und das ist Kult auch nun mal, ein Status) verdienen. Durch Leistungen die über eine Fernsehpresenz hinaus gehen.
    Leider liegt die Bewertung einer Leistung stark im Auge des Betrachters doch da ich selbst dem einen oder anderen Kult unterliege fällt es mir schwer den Kult als solches zu verdammen (zumal ich ihn nicht kategorisch als übertriebene verehrung sehe), auch wenn ich ihn oftmals nicht verstehe oder sogar schlimmm finde.

    Satanskult, Heidenkult (…), Jugendkult, sowas eben. Wer will sich, seine Ansichten, seinen Namen schon als Kult bezeichnet sehen, wenn man diese Bedeutung im Kopf hat?

    Ich.
    Zumindestens habe ich nicht automatisch etwas dagegen da ich Begriffe wie „kultig“ und „Kultfilm“ ebenfalls im Kopf habe und sie positiv conotiert verstehe.

    Ich weiss auch nicht, inwieweit ein (jeder) Kult Ressourcen verschwendet. So mancher Kult (auch ein Personenkult) gibt Menschen ein Ziel, einen Sinn im Leben, einen Halt, eine Beschäftigung, Freunde, Vorbilder, ein Gesprächsthema, Geld oder einfach nur das Gefühl zu hause zu sein. Manch ein Kult zahlt so die in ihn gesteckten Ressourcen zurück.

    Trotz allem ist ein Kult immer mit gesunder Vorsicht und kritisch zu betrachten.

    Kommentar by Merrit — 31. Oktober 2003 @ 15:20

  2. Vielen Dank für die differenzierte Betrachtung meines Themas. Bei der Kommentierung wurde weit mehr Einsicht hineingesteckt, als in meinen ursprünglichen Artikel.

    Ich habe eigentlich nur die negativen Aspekte des abgedroschenen Medien“kults“ betrachtet, deswegen komme ich zu dem sehr abweisenden Schluß. Selbstverständlich gibt es noch positive Beiklänge zu Kult, aber ich sehe sie stark zurückgedränkt durch die verbreitete „Kultisierung“.

    Kommentar by Grimm — 1. November 2003 @ 00:07

  3. Könnte sein, daß man zwischen dem Nomen „Kult“ und dem Adjektiv „kult“ unterscheiden sollte.
    Meines Wissens ist ein Kult nicht populär, ihm gehören Eingeweihte an, er überdauert Jahrzehnte oder -hunderte.
    Wenn etwas als kult(ig) bezeichnet wird, soll es wohl bedeuten, daß es super ist und man unbedingt mitmachen muß. Es muß noch nicht ‚mal ‚was mit ’nem Trend zu tun haben. Es ist einfach nur ein Wort.

    Kommentar by fuenf — 1. November 2003 @ 00:40

  4. @fuenf:
    Ich vermute was Du meinst ist die alte Bedeutung des Wortes „Kult“, dem allerdings nicht nur Eingeweihte angehoeren koennen. Woran Du (vermutlich) denkst ist an Geheimgesellschaften a la Clan (ja, die mit den weissen Hueten) oder – hab ich da wen Illuminaten sagen hoeren.
    Aber ich denke das waere eher eine Untersuchung fuer einen Linguisten oder jemand aehnlich verwirrten. Wann ist der Kult von wirklicher Verehrung (Merrit, Fuenf) zur Vermarktung von Muell verkommen, den Inseln von Morgen und um in diesen Beitrag nicht zu viel Gehirnschmalz fliessen zu lassen (yummy, welch bildliche Sprache): ich gebe Grimm voll und ganz recht – Mistvermarktung unter dem Etikett Kult, oder noch besser Geheimtip (als waere irgendwas geheim was ueber den ganzen Globus gebruellt wird) stinkt und wenn irgendwer darin seinen Lebensinhalt sieht tut er mir ernsthaft leid und wird wohl mit seinem Ballon platzen (um bei Grimms Idiom zu bleiben).

    Kommentar by Der Extreme — 1. November 2003 @ 03:17

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